An unsere Fahrgäste und Fahrer*innen des Bürgerbusses Malente

Ihr könnt Euch sicher vorstellen, dass uns im Vorstand wegen der Corona-Situation die Köpfe rauchen. Wir wissen, dass wir bei einem Neustart auf viele ehrenamtliche Fahrer*innen zählen können. Ginge es ausschließlich um Euren Schutz, ließe sich das vermutlich einigermaßen lösen. Wir haben bereits eine starke Folie als Trennwand zum Fahrgastraum installiert, Desinfektionsmittel bereitgestellt und die Landfrauen Malente haben für uns Mundnasenmasken genäht.
Eine mögliche Infektion unserer Fahrgäste ließe sich aber bei aller Mühe und bei bestem Willen nicht ausschließen, weil sich die räumlichen Verhältnisse im Bürgerbus nicht mit denen in großen Linienbussen oder Zügen vergleichen lassen. Weil kleinvoluminöse geschlossene Räumlichkeiten ein idealer Nährboden für die aerosole Übertragung des Virus sind, böte der Bürgerbus leider eben diese unheilvolle Voraussetzung.
Nicht von der Hand zu weisen ist allerdings auch das scheinbar geringe Ansteckungsrisiko, angesichts der aktuell infizierten Menschen in Deutschland und insbesondere in Schleswig-Holstein. Dieses Argument hat jedoch auch einen Haken, denn die Höhe der Infektionszahlen sind an die Anzahl der durchgeführten Tests gekoppelt. Es ist folgerichtig, dass bei einer geringen Infektionszahl in Schleswig-Holstein auch nur wenig positive Ergebnisse (Ansteckungen) festgestellt werden. Zu bedenken gilt hier, dass die Anzahl der tatsächlich infizierten Menschen nicht wirklich bekannt ist; abschätzen ließe sich das sehr viel besser, wenn auch die Anzahl der durchgeführten Tests bekannt wäre. Davon aber abgesehen, habt Ihr sicher in den Nachrichten verfolgt, dass z.B. unsere Strände und Feriengebiete wieder sehr stark von Urlaubern genutzt werden und wir müssen davon ausgehen, dass sehr viele Menschen in diesem Jahr ihren Urlaub lieber hier statt im Ausland verbringen möchten. Auch dieser Aspekt dürfte die Infektionszahlen in Schleswig-Holstein nach und nach auf das deutschlandweite Niveau verändern.
Ein weiterer Aspekt sind die eingebrochenen Zahlen im ÖPNV. Busse, Bahnen und Taxen verzeichnen heftige Einnahmenrückgänge und erhebliche Fahrgastverluste. Vor Ort würden wir diese Situation mit unserem Bürgerbus weiter verschlimmern, denn alle Fahrgäste, die wir transportieren, verringern die ohnehin wenigen potenziellen Kunden des ÖPNV und der ortsansässigen Taxiunternehmen. Die Gefahr, dass wir in dieser Phase mehr denn je als Konkurrenz betrachtet werden, wäre nachvollziehbar und verständlich.
Entscheidend jedoch ist das Abstandsgebot von 1,5 Metern, welches wir im Bürgerbus nur dann realisieren könnten, wenn wir maximal 3 Fahrgäste gleichzeitig mitnehmen würden. Wir müssten, vorausgesetzt der Bedarf wäre da, ständig Fahrgäste an den Haltestellen stehen lassen. Kein Fahrgast wüsste vorher, ob wir ihn noch mitnehmen könnten. Eine solche Situation wäre für die Fahrgäste sehr ärgerlich und für die Fahrer*Innen mehr als unangenehm und in der Folge auch rufschädigend. Wer wartet zukünftig noch auf uns, wenn er mehr als einmal abgewiesen werden würde? Darüber hinaus wissen wir, dass sich Fahrgäste auch noch durch Aerosole, die Stunden nach dem Aussteigen eines Fahrgastes im Bus befänden, anstecken können.
Ein echtes Desaster wäre es, wenn die Infektionsnachverfolgung den Bürgerbus-Malente ermitteln würde. Wir würden dann nicht nur in der Öffentlichkeit jede Reputation verlieren; wir bzw. der Vorstand würde dann zwangsläufig und zurecht zur Verantwortung gezogen, denn es gäbe keine vernünftige Antwort auf die Frage, warum wir ohne (finanzielle) Existenznot den Fahrbetrieb wieder so (zu) früh aufgenommen haben.
Unser vorsichtiges Abwarten hat also gute Gründe! Angetreten sind wir mit unserer Initiative, um den ÖPNV vor Ort zu ergänzen und die Bewohner in Malente zu unterstützen, deren Möglichkeiten, den ÖPNV aufgrund der Fahrplanvernetzung zu nutzen, eingeschränkt sind. Wir haben kein Geschäftsmodell, das wegen der „Corona-Krise“ zu platzen droht. Wir gefährden keine Arbeitsplätze, wenn wir vorsichtig agieren und einer möglichen Gefahr aus dem Wege gehen. Unser Modell hat ausschließlich einen sozialen Character, mit dem sich eine Gefährdung unsere Fahrgäste und unserer Fahrer*innen nicht vereinbaren lässt.
Und weil wir glauben, dass der Betrieb des Bürgerbusses eine Frage der sozialen Verantwortung ist, möchten wir an unsere Fahrgäste plädieren, noch etwas Geduld und Verständnis mit uns zu haben und unserer Fahrer*innen bitten, diese Entscheidung mitzutragen, obgleich wir wissen, dass es vielen Fahrer*innen angesichts der scheinbar entspannten Lage sehr schwer fällt, nicht für Ihre Fahrgäste unterwegs zu sein.
Spätestens dann, wenn die Landesregierung die Abstandsregel aufhebt oder es verlässliche Informationen gibt, dass wir mit unserem Bürgerbus keine Gefahr mehr für Fahrgäste und ehrenamtliche Fahrer*innen darstellen, starten wir wieder durch.
Der Vorstand des Bürgerbus-Malente